Aktuelles Icon

Sonnen- und Hitzeschutz in der Kita

Meldung vom 20. April 2017

Nirgendwo sonst ist Sonnenschutz so wichtig wie an Orten, an denen sich Kinder aufhalten. Dieser Beitrag verdeutlicht am Beispiel der MusterKita „Kinderplanet“ in Neuwied, welche baulichen und organisatorischen Maßnahmen vor allem Kleinkinder vor einem Zuviel an Sonnenstrahlung und Wärme schützen und was dabei zu beachten ist.

Kinderhaut ist empfindlich. Insbesondere Kleinkinder benötigen einen wirksamen Sonnenschutz: Ihre Haut ist noch sehr dünn und verfügt über nahezu keinen Eigenschutz. Schon nach wenigen Minuten in der Sonne entstehen bei ihnen Hautrö- tungen und Sonnenbrand. Unmittelbar damit einhergehend steigt das Risiko, später an Hautkrebs zu erkranken. Dabei ist nicht nur in der prallen Sonne, sondern auch bei bedecktem Himmel Vorsicht geboten.

„Es ist wirklich so: Kinderhaut ist sehr, sehr empfindlich. In der Altersgruppe unter drei Jahren sollte direkte Sonne absolut gemieden werden“, bekräftigt Bodo Köhmstedt, Präventionsmitarbeiter und Referatsleiter Bildungseinrichtungen bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz (UK RLP). Schon eine diffuse Einstrahlung reiche aus, um die Kinderhaut massiv zu reizen. Sonnenschutz sei insofern ein ganz wichtiges Thema in der Kita – in mehrfacher Hinsicht: Zum einen müssten die Betreiber baulich und organisatorisch darauf einwirken, dass beim Aufenthalt im Freien ausreichender Schutz bestehe. Zum anderen gelte es, die Vorgaben zum Raumklima in Gebäuden zu beachten. Köhmstedt unterstreicht: „Das sind zweierlei Paar Schuhe.“

Auch im Sommer angenehm kühle Räume

Vor allem südlich ausgerichtete Zimmer sowie Räumlichkeiten mit großer Fensterfront benötigen im Sommer Schutz vor Hitze. Für eine erträgliche Raumtemperatur sorgen Jalousien oder Rollläden – wenn sie außen angebracht sind: „Die Jalousie innen bringt bei weitem nicht so viel wie ein außenliegender Sonnenschutz“, erklärt Köhmstedt. Hinter dem Glas käme der Schutz zu spät. „Dann ist der Raum dahinter bereits stark aufgeheizt.“ Die hinter der Verglasung entstehende Wärmestrahlung kann das Fenster nicht mehr passieren und verbleibt deshalb im Raum. Beim außenliegenden Sonnenschutz wird die Sonne hingegen schon vor der Scheibe absorbiert beziehungsweise reflektiert. Selbst bei hohen Außentemperaturen bleiben Innenräume auf diese Weise angenehm kühl. Am wirksamsten gegen eindringende Wärme ist eine horizontale Außenjalousie. Für einen zusätzlichen Blendschutz, der zum Beispiel in Büroräumen benötigt wird, empfehlen sich vertikale Textil-Lamellen oder Vorhänge auf der Innenseite.

Ein besonderer baulicher Schutz kommt den Jüngsten in der MusterKita in Neuwied zugute: Ein Überdach bewahrt den Krippenbereich vor direkter Sonneneinstrahlung. „Um die Tiefe des benötigten Vorsprungs korrekt bestimmen zu können, hat der Architekt den Sonnenlauf vorab berechnet.“ Zudem besteht die Möglichkeit, den Raum zu verdunkeln. „Bei tiefstehender Sonne im Winter kann es schon mal sein, dass direkte Strahlung eindringt, aber dann reicht ein Vorhang als Blende“, ergänzt Köhmstedt. Die früher gebräuchlichen farbigen Markisen in Orange- oder Brauntönen seien allerdings passé: „Der Sonnenschutz darf nicht zu einer Verfälschung des Farbspektrums im Tageslicht führen. Es ist sehr unangenehm, wenn beispielsweise durch eine orangefarbene Markise ein weißes Blatt oder eine Seite im Malbuch ebenfalls orange erscheinen.

Keine Blockierung des Fluchtwegs

Ein weiterer Punkt ist Köhmstedt sehr wichtig: „Der Sonnenschutz darf niemals einen Fluchtweg blockieren. Ich mache die Tür auf und stehe vor einer Jalousie – das darf nicht sein.“ Verhindert wird dies zum Beispiel durch eine Montage auf der Tür oder durch neue technische Systeme, die im Notfall eine Schnellraffung ermöglichen. Da es hierfür noch keine gültige Norm gibt, muss die Kindergartenverwaltung die Nutzung solcher Systeme mit der zuständigen Brandschutzbehörde oder dem Landratsamt absprechen.

Am besten wird der Sonnenschutz schon in der Bauplanungsphase mitbedacht und berücksichtigt. Dann lassen sich die Gebäude so ausrichten, dass Gruppenräume mit großen Fenstern nicht nach Süden weisen, sondern die Sonne allenfalls direkt in Nebenräume strahlt. „Das war bei uns leider nicht der Fall – die Form des Grundstücks hat bereits die Richtung vorgegeben“, bedauert Köhmstedt.

Sonnenschutz im Außenbereich

Der beste Schutz vor UV-Strahlung ist zweifellos die Meidung der Sonne. Doch Kinder müssen an die Luft, sie müssen sich bewegen, im Freien spielen, die Natur entdecken. Nicht zuletzt hat das Sonnenlicht auch unverzichtbare, positive Wirkungen auf die Gesundheit: Es hilft beim Aufbau von Vitamin D, hebt die Stimmung und stärkt die Abwehrkräfte. Für einen möglichst unbeschwerten Aufenthalt im Freien sind folglich Schattenspender gefragt. Auch für den Außenbereich gilt dabei: Optimal ist, wenn der Sonnenschutz bereits bei der Planung und dem Bau ausreichend Berücksichtigung findet, etwa in Form von Sonnensegeln oder Bäumen. Die MusterKita in Neuwied verfügt über eine weitere Besonderheit: Schattenspendende Parasole aus Lärchenholz machen das Kita-Dach auch im Sommer nutz- und bespielbar.

Sind die baulichen Maßnahmen ausgeschöpft, hilft richtige Kleidung – einen besonders guten Schutz bieten dabei Textilien, die den UV-Standard 801 erfüllen: Durch spezielle Materialien und Herstellverfahren werden UV-Schutzfaktoren (UPF) von 80 und mehr erreicht – also weit mehr als die stärkste Sonnencreme zu bieten hat. „Diesen Standard gibt es auch für Sonnenschirme und Jalousien“, gibt Köhmstedt zu bedenken.

Viele Kinder verfügten allerdings nicht über diese Art Kleidung oder erschienen nicht optimal angezogen in der Kita. Bei längeren Aufenthalten im Freien, wie zum Beispiel bei Projekttagen oder Waldgruppen, müsse deshalb zusätzlich Sonnencreme verwendet werden – ein „schwieriges Thema“: „Am besten verständigen sich die Erziehenden mit den Eltern auf die Verwendung eines bestimmten Produkts als Standard“, empfiehlt Köhmstedt. Hierbei gelte es, Allergien und andere persönliche Einschränkungen zu berücksichtigen. Generell seien Eltern in Sachen Sonnenschutz sensibler, aber auch heikler geworden. „Sie stellen zum Teil ihre eigenen Ansprüche in den Vordergrund nach dem Motto ‚Mein Kind bekommt immer Schutzfaktor 50!‘“ Deshalb sollte das Thema Sonnenschutz am besten schon bei der Anmeldung angesprochen und mit den Erziehungsberechtigten geregelt werden, meint Köhmstedt.

Fazit

Insgesamt sieht Köhmstedt die Entwicklung positiv: „Wir sind auf einem guten Weg, man kann vieles baulich, organisatorisch oder durch kluges Verhalten abfangen.“ Nachholbedarf sieht er am ehesten beim Thema Raumklima: „Bei unseren Besichtigungen von Einrichtungen kommt es schon mal vor, dass wir einen geeigneten Hitzeschutz anmahnen müssen.“ Angesichts der damit verbundenen Anforderungen an die Fassade und an die Verkabelung sei dies leider selten eine Angelegenheit, die sich ganz einfach umsetzen ließe. Wenn im Vorhinein dieser Aspekt nicht ausreichend bedacht wurde, biete sich dafür eine generelle Sanierungsphase an. „Es werden ja viele Einrichtungen renoviert und modernisiert, dann ist die Nachrüstung mit vertretbarem Aufwand möglich. Es ist aber in jedem Fall mehr Arbeit als ein Bild aufzuhängen.“

 

Rechtliche Grundlagen

Rechtlich geregelt sind die Anforderungen an den Sonnenschutz beziehungsweise an das Raumklima in der

• Unfallverhütungsvorschrift „Kindertageseinrichtungen“ (GUV-V S2)

• DGUV Regel 102-002 (bisher BG/GUV-SR S2) § 7 (3)

• Arbeitsstättenrichtlinie A3.5 „Raumtemperaturen“ und A3.6 „Lüftung“